Alpenüberquerung im Winter

 

Im Sommer ist die Alpenüberquerung nicht nur eine tolle Erfahrung, sondern auch eine Herausforderung, die manchen an seine körperlichen Grenzen bringen kann. Aber ist die Route von den Allgäuer Alpen nach Südtirol auch im Winter machbar? Einige Herausforderungen kommen auf den Bergsportler zu, die die Tour wohl eher ortskundigen Spezialisten vorbehalten lässt.

Gefahr durch Lawinen

Die objektivste Gefahr geht von Lawinen aus und dieses Risiko lässt sich nie völlig ausschließen. Zahlreiche Wegabschnitte queren steile Hänge (z.B. Panoramaweg nach Vent), bei denen erhebliches Gefahrenpotential besteht. Gruppen ermöglichen im schlimmsten Fall die Verschüttetensuche, deren Entscheidungen sollten aber immer mit Blick auf die vorhandene Gruppendynamik hinterfragt werden . Unumgänglich ist die komplette Lawinenausrüstung mit LVS (Lawinen-Verschütteten-Suchgerät), Sonde und Schaufel sowie das Wissen, die Suche schnell und effizient durchführen zu können. Für Gelegenheitswanderer ist im Winter professionelle Begleitung durch einen Bergführer nötig. Ortskundige Spezialisten mit erlerntem Risikomanagement (Snowcard, 3×3), die im Zweifelsfall den Einstieg in einen Hang meiden, brauchen nicht zwingend einen Führer.

Faktor Zeit

Gerade wenn die Tour mit Schneeschuhen in Angriff genommen werden soll, spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Sowohl im Auf- als auch im Abstieg verlängern sich die Gehzeiten erheblich. Lange Touren, wie die zweite Etappe von der Kemptner Hütte zur Memminger Hütte, sind mit Schneeschuhen bei Tageslicht unmöglich. Tourenski erleichtern Aufstiege quer zum Hang und sparen vor allem in der Abfahrt enorm viel Zeit. Sowohl beim Start mit Tourenskiern als auch mit Schneeschuhen sollte man ein Zeitpolster für Umwege aufgrund unpassierbarer Abschnitte einplanen.

Orientierung im Winter

Sicher Gehen im weglosen Gelände ist Grundvoraussetzung für die Wintertour. Das Gelände sollte man sich möglichst von weitem bereits genau einprägen und sich die markantesten Orientierungspunkte merken und ansteuern. Mit Hilfe eines GPS ist die Zuordnung der angezeigten Werte auf eine Karte sowie die Entnahme von Positionsdaten aus einer Karte ohne Hilfsmittel möglich. Achtung: Nebel kann die Orientierung im Frühjahr erschweren, wenn erwärmte feuchte Luft über eine Schneedecke weht und durch deren Erwärmung die Verdunstungsrate steigert.

Anforderungen an die Ausrüstung

Die geschlossene Schneedecke erfordert zusätzliches Material für die Alpenüberquerung. Auf den Komfort einer bewirteten Alpenvereinshütte muss man zwischen Oktober und April verzichten. Ausnahmen auf dem E5 sind die Schihütte Zams und die Martin-Busch-Hütte, die entweder für das Skigebiet der Venet-Region oder für die zahlreichen Skitourengeher im Frühjahr geöffnet sind. Kemptner Hütte, Memminger Hütte und die Braunschweiger Hütte verfügen über einen Winterraum. Dennoch würde der gepackte Rücksack auch einem Muli der Gebirgsjäger gut stehen. Neben Verpflegung für zwei warme Mahlzeiten pro Tag (Frühstück und Abendessen), Zwischenmahlzeiten muss einiges mehr an Ausrüstung eingeplant werden. Kocher und Brennstoff schmelzen Schnee für Tee und gefriergetrocknete Menüs, Kletterseil und -Gurt helfen bei der Absicherung rutschiger Abschnitte, Steigeisen und Pickel unterstützen auf vereisten Übergängen und letztlich schützt der Biwaksack bei einer ungeplanten Nacht unter freiem Himmel.

Alternative Routen

Bereits einige Bergschulen haben die Alpenüberquerung im Winter ins Programm aufgenommen. Aber auch unter der Leitung eines ausgebildeten Bergführers stellt die etwa einwöchige Alpenüberquerung besondere Anforderungen an die Kondition. Eine alternative Route startet in Oberstdorf und führt über den Hochtannbergpass in den hinteren Bregenzerwald nach Schröcken. Weiter geht es Richtung Lech über Flexenpass und Sonnenkopf hinab nach Silbertal im Montafon. Tags darauf über Partenen zum Vermuntstausee und hinauf über das Madlener Haus zur Bieler Höhe. Von dort durch das Paznauntal hinab zum Etappenziel Galtür. Der 4. Abschnitt streift Ischgl und endet beim Tagesziel Heidelberger Hütte nahe der Silvretta Skiarena. Weiter geht’s ins Unterengadin durch das Val Laver nach Zuort und zum Etappenziel Val S-charl. Die letzte Etappe ins Vinschgau führt über die schweizerisch-italienische Grenze beim S-charl-Joch hinab nach Taufers in Südtirol. Leider sind die Etappen aber aus Zeitgründen nicht ohne den Einsatz von Bus, Taxi und Skilift in sechs Tagen machbar.

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